Thomas Nagel “Geist und Kosmos” in der Diskussion Teil 3 – von Axel Ziemke

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Das Buch “Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist” des Philosophen Thomas Nagel hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erregt, hinterfragt Nagel darin doch die Grundlagen des wissenschaftlich-materialistischen Weltbildes. Auch in unserer Redaktion sind einige Diskussionsbeiträge zu Nagels Argumenten eingegangen, die wir hier nach und nach veröffentlichen werden. (Teil 1: Endlich sagt das mal jemand von Mike Kauschke; Teil 2: Dilemma eines modernen Denkers von Oliver Griebel)

Ein „post-szientistisches Zeitalter“?

von Axel Ziemke

Thomas Nagel greift mit seinem neuen Buch „Geist und Kosmos“ in einen Glaubenskrieg ein, der die USA seit Jahrzehnten in einer für Europäer kaum nachvollziehbaren Gewalt erschüttert: Auf der einen Seite Kreationisten und Vertreter der Theorie des Intelligent Design, die, zumeist religiös motiviert, die Gültigkeit der modernen Evolutionstheorie mit manchmal wissenschaftlichen, manchmal pseudowissenschaftlichen Argumenten zu bestreiten suchen. Auf der anderen Seite materialistisch orientierte Wissenschaftler, die nicht nur von dieser Theorie überzeugt sind, sondern auch einen radikalen Atheismus propagieren. Thomas Nagels Buch stellt sich auf bemerkenswerte Weise quer in diese Diskussion, indem er zwar die Kritik der Intelligent-Design-Vertreter würdigt, aber doch auf Distanz bleibt zu deren allzu einfachen Versuchen, einen allgegenwärtigen Gott in die Erklärungslücken der Evolutionstheorie zu kitten. Vielleicht wäre seine moderate Stimme nie gehört worden, wenn Nagel nicht zu den bedeutendsten Philosophen der modernen Diskussion um das Mind-Body-Problem gehörte. In einem epochalen Aufsatz aus dem Jahre 1974 stellte er eine der seitdem meistdiskutierten Fragen der jüngeren Philosophiegeschichte: What is it like to be a bat? Wie ist es, eine Fledermaus zu sein? Gesetzt, wir würden eines Tages genauestens die Funktion eines Fledermausgehirns verstanden haben: Wüssten wir dann auch, wie es sich anfühlt, die Welt über die Echoortung quasivisuell „mit den Ohren zu sehen“? Wenn dem nicht so wäre, und genau davon ist Nagel bis heute überzeugt, könnte die Hirnforschung mentale Zustände, also das Bewusstsein nicht erklären. Wenn uns dies im Falle des Menschen anders erscheint, läge das vor allem daran, dass wir selbst Menschen sind und daher bestens wissen, „wie es ist, ein Mensch zu sein“. So können wir nämlich die Erkenntnisse der Neurobiologie mit unseren eigenen Erfahrungen in Beziehung setzen und der Illusion verfallen, wir hätten Letzteres mit Ersterem erklärt. Wenn dem aber nicht so wäre, wenn wir also beispielsweise hirnforschende Fledermäuse wären, würden wir auch mit der fortgeschrittensten Hirnforschung den menschlichen Geist nicht verstehen können.

Nagel zitiert in seinem Buch viele Argumente der Vertreter des Intelligent Design gegen die neodarwinistische Evolutionstheorie. Anders als die Kreationisten bestreiten sie nicht, dass der Mensch und die heute lebenden Tier- und Pflanzenarten Ergebnis einer seit über drei Milliarden Jahre andauernden biologischen Evolution seien. Sie halten der modernen Evolutionstheorie aber vor, dass sich nach deren Auffassung Evolution nur durch zufällige kleine mutationsbedingte Variationen und deren Selektion aufgrund des unterschiedlichen Fortpflanzungserfolges dieser Varianten vollziehen kann, dass sich nach diesem Modell aber grundlegende Befunde der Evolutionsforschung nicht erklären ließen. Wie soll sich etwa die Evolution neuer Organe oder Organsysteme in der Evolution erklären lassen, wenn doch nur das ganze Organ die Überlebensfähigkeit der Lebewesen fördern, die einzelnen kleinen Schritte zu diesem Organ diese Überlebensfähigkeit aber behindern würden? Nur mit einem vollständigen Auge könne man sehen, nur mit einem ganzen Flügel fliegen, nur mit einer komplett aufgerichteten Wirbelsäule aufrecht gehen. Alle Übergangsformen wären kaum lebensfähig. Entsprechend fände man von all diesen Organen keine Übergangsfossilien. „Auf einmal“ tauchen sie in der Evolution auf. Was sich auf der Ebene einzelner Organe zeigt, fände man auch in der Evolution ganzer systematischer Gruppen von Lebewesen. Nach der modernen Evolutionstheorie sollte man erwarten, dass sich neue Tier- und Pflanzenstämme allmählich aus anderen Stämmen entwickeln. Auch hier stellt sich die Frage, wie Übergangsformen zwischen verschiedenen Stämmen lebensfähig sein sollen. Auch hier findet man keine Fossilien solcher Übergangsformen. „Plötzlich“ tauchen neue Baupläne in der Evolution auf. Ja, schlimmer noch, die meisten der heute noch lebenden Tierstämme entwickelten sich in dem erdgeschichtlichen „Augenblick“ von gerade einmal zehn Millionen Jahren vor etwa 540 Millionen Jahren zu Beginn des Kambriums. Man spricht daher auch von der „Kambrischen Explosion“. Die Entwicklung des Lebens ließe sich, so diese Kritiker, nicht durch zufällige Variationen, sondern nur durch zielgerichtetes „intelligentes Design“ erklären. Die Frage, wer der „Designer“ ist, könne allerdings nicht durch die Wissenschaft, sondern nur durch die Religion erklärt werden.

Der materialistisch orientierte Mainstream amerikanischer Wissenschaftler und Philosophen setzt sich seit Jahren energisch gegen diese in der amerikanischen Öffentlichkeit durchaus einflussreiche Bewegung zur Wehr, zumeist mit einer zunehmenden Flut empirischer Ergebnisse oder gut durchdachten wissenschaftlichen Argumenten, oft aber auch durch antireligiöse Polemik. Nagel möchte in dem Bild von Evolution, das er in seinem Buch zeichnet, auf diesen intelligenten Designer verzichten, gibt aber den Vertretern des „Intelligent Design“ in ihren Kritikpunkten recht. Vor allem aber entwickelt er die Argumente, „warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist“, aus seiner Überzeugung der Unmöglichkeit einer materialistischen Lösung des Mind-Body-Problems, mit dem er sich seit vierzig Jahren auseinandersetzt. Während Nagel allerdings in seinem klassischen Aufsatz noch davon ausging, dass der Materialismus durchaus eine Lösung für dieses Problem liefern könne, es zum damaligen Zeitpunkt aber noch völlig unklar gewesen wäre, wie diese Lösung aussehen könnte, schließt er heute die Möglichkeit einer Erklärung des Bewusstseins durch die Neurobiologie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Im Zusammenhang damit hält er auch eine neodarwinistische Erklärung der Evolution von Bewusstsein für unmöglich. Denn eine solche Theorie wird sich immer nur auf überlebens- und fortpflanzungsförderndes Verhalten von Lebewesen beziehen können, nie aber auf ihr inneres Erleben. Bewusstsein wird also, wenn überhaupt, dann nur als ein zufälliges Nebenprodukt der neuronalen Koordination dieses Verhaltens in den Blick der Evolutionstheorie gelangen. Doch Bewusstsein ist mehr als das. Davon ist Nagel überzeugt.

Doch er geht noch weiter: Selbst wenn uns jemals eine materialistische Erklärung des Bewusstseins gelingen würde, bliebe die Frage nach der menschlichen Vernunft und den ihr zugrunde liegenden Werturteilen noch immer ungelöst: Warum bringt die Evolution Wesen hervor, die sich auf die Suche nach dem Wahren, Guten und Schönen begeben, statt sich mit dem das Überleben und den Fortpflanzungserfolg fördernden „Nützlichen“ zufrieden zu geben? Und: Wo haben diese Werte selbst ihren Ursprung? Die meisten modernen Philosophen vertreten heute einen „Werterelativismus“, der nicht zuletzt auch in der modernen Evolutionstheorie ihren Ursprung hat. Was als wahr, gut und schön bewertet wird, könne man nur relativ zu der evolutionären und historischen Geschichte des wertenden Menschen selbst verstehen. Nagel hingegen vertritt einen „Werterealismus“, der davon ausgeht, dass es „ewige“ Wahrheiten sowie ethische und ästhetische Urteilskriterien gäbe, die von dem biologischen und kulturellen Hintergrund des jeweiligen Menschen unabhängig sind. Befragt man den neodarwinistischen Wertrelativismus, warum Menschen meinen, dass der Kreisumfang das Produkt aus Kreiszahl und Durchmesser sei, könnten seine Vertreter lediglich auf den Fortpflanzungserfolg von Lebewesen verweisen, die auf diese Weise denken. Werterealisten wie Nagel hingegen meinen, dass solche Wahrheiten in ihrer Evidenz „an sich“ erklärt werden müssen. Noch radikaler stellt sich diese Frage hinsichtlich „des Guten“: In allen Kulturen finden sich ethische Grundsätze wie jenen, dass man seinen Mitmenschen nicht antun sollte, was man nicht selbst erleiden möchte. Ein Handeln nach solchen Grundsätzen sollte aber dem „Egoismus der Gene“ völlig zuwider laufen. Überlebensfördernd wäre es allenfalls, den Anschein zu erwecken, als ob man so handeln würde, um selbst so behandelt zu werden. Eine „ehrliche“ Orientierung an solchen Werten sollte den eigenen Fortpflanzungserfolg hingegen ernsthaft in Frage stellen. Wie sollen sich solche Werte dann aber neodarwinistisch erklären lassen? Und: warum sind Menschen in allen Kulturen fasziniert von der Schönheit der untergehenden Sonne, statt sich möglichst rasch in ihren Behausungen vor den Gefahren der Nacht zu verkriechen?

Nagels Alternativen sind radikal: Die Unlösbarkeit der Probleme des Bewusstseins, der Vernunft und der Werte wird in naher Zukunft, so behauptet er, eine wissenschaftlichen Revolution erzwingen, eine Revolution, die der Entdeckung der Relativitätstheorie und Quantentheorie vergleichbar sein wird. Da sich eine Evolution von Bewusstseins aus Materie nicht denken lässt, sollten wir „eine Form des Verstehens anstreben, die uns in die Lage versetzt, uns selbst und andere bewusste Organismen als spezifische Ausdrucksformen der zugleich physikalischen und mentalen Beschaffenheit des Universums zu sehen.“ Die Tatsache, dass sich Lebewesen entwickelt haben, die sich an „ewigen“ Werten orientieren, könnte nur durch eine „natürliche Teleologie“ erklärbar sein, die „Tendenz, dass sich Leben bildet, könnte ein Grundzug der Naturordnung sein, der von den nichtteleologischen Gesetzen der Physik und Chemie nicht erklärt wird“. Das Universum könnte also vom Urknall an eine „mentale Seite“ haben, die der Evolution als Sinn und Zweck die Entwicklung eines auf Werte hin orientierten Bewusstseins gibt.

Es ist wenig überraschend, dass Nagels Buch von Vertretern des „Intelligent Design“ frenetisch gefeiert wird als die längst fällige Einsicht eines „Big Names“ der akademischen Philosophie in die Unzulänglichkeit des Neodarwinismus. Einer von ihnen, William Dembski, vergleicht die Wirkung von „Geist und Kosmos“ gar mit dem Fall der Berliner Mauer. Evolutionsbiologen und Vertreter der in den USA dominierenden wissenschaftsorientierten „Analytischen Philosophie“ begegnen dem Buch mit massiver Kritik, eine Kritik, die wiederum von vorwiegend geisteswissenschaftlichen Rezensenten jenseits und diesseits des Atlantik als szientistische Hexenjagd interpretiert wird: „A Darwinist Mob Goes After a Serious Philosopher“ titelt etwa „The New Republic“.

Meinem Eindruck nach ist die naturwissenschaftlich und philosophisch orientierte Kritik an Nagels Buch überwiegend sachlich und über weite Strecken völlig berechtigt. Allerdings richtet sie sich nicht primär gegen seine philosophische Argumentation, sondern wirft ihm vor, mit seinem Bild des Neodarwinismus einfach nicht „up to date“ zu sein. Längst vergangen sind die Zeiten eines genetischen Reduktionismus, wie ihn Richard Dawkins in seinem Klassiker „Das egoistische Gen“ aus dem Jahr 1976 präsentierte. Die meisten Evolutionsbiologen sind sich heute einig darüber, dass sich Evolution nicht durch Zufallsvariationen einzelner Gene verstehen lässt. Die evolutionäre Entwicklungsbiologie („Evodevo-Forschung“) sucht die Entwicklung des Lebens als Evolution genetischer Entwicklungsprogramme zu verstehen, in denen Selbstorganisationsprozesse innerhalb der Organismen eine weit wichtigere Rolle spielen als die Variation einzelner Gene. Die Epigenetik durchbricht gar das molekulargenetische Dogma der ausschließlichen Determination der Ontogenese durch die Gene der DNA hin zu einer Betonung der Wechselbeziehung mit der Umwelt. Forscher wie Simon Conway Morris haben gezeigt, dass Evolution viel stärker durch konvergente Entwicklungen, die zu zufallsinvarianten Lösungen führen, bestimmt werden als durch zufällige Variationen. Auch hinsichtlich höherer Formen des Bewusstseins ist sich Conway Morris sicher, dass sie sich früher oder später zwangsläufig entwickelt haben mussten – wenn nicht bei uns Menschen, dann bei Delphinen oder einem anderen Zweig der Primatenevolution. Man könnte in die hier entdeckten Prozesse durchaus eine Art „natürliche Teleologie“ hineininterpretieren, spricht aber lieber von „Selbstorganisation“, nicht zuletzt auch um theistische Missverständnisse zu vermeiden. Denn ganz „nebenbei“ bieten diese Ansätze Lösungsperspektiven für die von den Vertretern des „Intelligent Design“ aufgeworfenen Erklärungsdefizite, die, man sagt es nicht gerne, vor einem Jahrzehnt durchaus noch ihre Berechtigung hatten. Man könnte Nagel umgekehrt also durchaus recht geben: In der Tat ist eine Revolution der „materialistischen neodarwinistischen Konzeption der Natur“ angesagt. Entgangen ist Nagel allerdings, dass das, was er unter dieser Konzeption versteht, inzwischen zu großen Teilen überwunden und die von ihm prophezeite Revolution seit geraumer Zeit in vollem Gange ist. Und zwar genau dort, wo er sie wohl am wenigsten vermutet, nämlich im Lager der „Neodarwinisten“ selbst.

Anders verhält es sich mit der Kritik namhafter Philosophen an „Geist und Kosmos“. Als Wortführer kann man hier vielleicht Daniel Dennett sehen, dessen Kritik an Nagel man in einem Wort zusammenfassen kann: „Armchair Philosophy“. Man bezeichnet damit in den Kreisen der Analytischen Philosophie Philosophen, die „aus dem Sessel“ heraus Wissenschaftlern vorzuschreiben versuchen, was sie herauszufinden haben – eine nach ihrer Auffassung schlechte Methodologie philosophischer Forschung, die man seit Jahrzehnten überwunden zu haben geglaubt hatte. Nagels Aufsatz „What is it like to be a bat?“ war ein gutes Beispiel dafür, wie eine Alternative zu jener Armchair Philosophy aussehen kann: Ein zu untersuchendes Phänomen wird möglichst klar gekennzeichnet, um damit Fragen an die wissenschaftliche Forschung zu stellen und vorschnelle Antworten zu hinterfragen. Einen Wahrheitsanspruch erhebt eine solche Analyse nicht. Aus ihr folgt beispielsweise nicht, dass der Materialismus falsch sein muss, wie Nagel damals betonte. Ein Wahrheitsanspruch kann nur auf empirischer Forschung beruhen.

Nagels Argumentation aus „Geist und Kosmos“ hingegen beruht auf im Wesentlichen zwei intuitiven Grundannahmen. Erstens: Bewusstsein ist ein essentielles Element der Evolution des Kosmos. Zweitens: Werte sind objektiv und vom Standpunkt des wertenden Menschen unabhängig. Nagel leitet aus diesen Intuitionen ab, dass der Neodarwinismus und Materialismus falsch sein muss – eben weil für ihn Bewusstsein ein Zufallsprodukt der Evolution und Werte relativ sein müssen. Die meisten heutigen analytischen Philosophen würden dem entgegen halten: Wenn ein empirisch wohlfundiertes Konzept wie der Neodarwinismus tatsächlich im Widerspruch zu den eigenen Grundannahmen steht, dann ist nicht der Neodarwinismus, sondern dann sind diese Grundannahmen falsch. Es lässt sich keine wissenschaftliche Frage von einem Standpunkt außerhalb der Wissenschaft (also aus dem „Armchair“) beantworten!

Fraglich ist zudem, ob Nagels Argumentation wirklich zwingend ist: Ob man die Evolution von Bewusstsein neodarwinistisch erklären kann, hängt davon ab, was man unter Bewusstsein versteht. Sofern man etwa dem Bewusstsein eine zumindest mittelbare Relevanz für tierisches und menschliches Verhalten zuschreibt, wie es in materialistischen und mehr noch funktionalistischen Konzepten geschieht, ergeben sich auch „Angriffspunkte“ für die natürliche Selektion, die seine Entwicklung erklären können. In seinen Betrachtungen zu Vernunft und Wertvorstellungen lässt Nagel zudem die selbst unter Evolutionsbiologen weithin akzeptierte Möglichkeit völlig außeracht, dass es hierbei überhaupt nicht um Ergebnisse der biologischen, sondern erst der kulturellen Evolution handeln könnte. Nicht zuletzt bleiben seine eigenen Alternativansätze einer mentalen Evolution des Universums und einer natürlichen Theologie völlig rudimentär und, nebenbei bemerkt, in ihrer Ausarbeitung weit zurück gegenüber von ähnlich intendierten Ansätzen eines Hegel oder Schelling in der Philosophiegeschichte.

Man könnte Nagels Standpunkt gegenüber seinen philosophischen Kritikern verteidigen, indem man ihnen entgegenhält, dass letztlich auch wissenschaftliche Forschung auf einigen grundlegenden Intuitionen beruht, die nicht selbst Ergebnis dieser Forschung sein können. Nagel hat diese Intuitionen eines René Descartes und eines Isaac Newton in seinem Buch selbst ansatzweise rekonstruiert. Vielleicht ist der cartesianische Ausschluss des Mentalen aus dem Bereich physikalischer Forschung tatsächlich die Ursache dafür, dass die modernen Wissenschaften die Probleme des Bewusstseins, der Vernunft und der Werte nicht lösen können. Doch wenn dem so wäre, müsste die von Nagel prophezeite Revolution keine wissenschaftliche sein, sondern eine Revolution unseres gesamten Weltbildes, die Wissenschaft als Methode sicherer Erkenntnis überwindet oder zumindest entschieden relativiert – und eine alternative Methodologie eröffnet. Ein „postszientistisches Zeitalter“?

Axel Ziemke sudierte Biochemie und Philosophie und arbeitet heute als Waldorflehrer. Er ist u.a.  Autor von Im Netz der Unsterblichkeit.