Gesegnet vom Kosmos

Foto: Wolf Helzle

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Das Heilige im Zeitalter der Technik

Die meisten technologischen Innovationen gründen in einer materialistischen Sicht der Welt. Nicanor Perlas hat sich intensiv mit den ihnen zugrunde liegenden Visionen auseinandergesetzt. Er ist davon überzeugt, dass es einer bewussten Wertschätzung der spirituellen Verbundenheit mit dem Universum bedarf, damit ein menschenfreundlicher Umgang mit unserer technologischen Zukunft möglich wird.

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evolve: Wir sehen heute das Erstarken neuer Technologien wie Nanotechnologie, Biotechnologie, Informationstechnologie und kognitive Technologien, darunter auch Künstliche Intelligenz. Wissenschaftler sagen, dass diese Technologien in Zukunft verschmelzen werden. Wie schätzten Sie diese Entwicklungen ein?

Nicanor Perlas: Wissenschaftler entwickeln all diese Technologien von einem materialistischen Standpunkt aus. Wie genau sie sich manifestieren werden, hängt sehr vom entsprechenden Bereich der Technik ab. Nehmen wir das Beispiel Biotechnologie. Es gab eine Debatte am National Institute of Health (NIH) der US-Regierung in den frühen Tagen der Gentechnik. Es war die Zeit, in der der Gentransfer zwischen nicht verwandten Arten auf einen alarmierenden Kurs zusteuerte. Zum Beispiel wurde Mäusen das menschliche Wachstumshormon-Gen eingespritzt und sie wuchsen zu Rattengröße heran. Die Mäuse übertrugen dieses Merkmal auf die nächste Generation. Inmitten dieser Entwicklungen stellte Michael Fox, ein Doktorand der Veterinärwissenschaft, eine Frage, die auf Aristoteles’ Philosophie basiert: »Wie verändert sich der Telos, die Bestimmung eines Tieres, wenn es sich in einem Körper befindet, der von dem seiner Spezies abweicht?« Dr. Maxine Singer, einer der Gründer der Gentechnik, sagte: »Den einzigen Zweck, den wir in der Natur erkennen, ist Tod und Aussterben.«

Dies ist die Weltanschauung von Gentechnikern. Weil Tod und Aussterben die Bestimmung der Natur ist, ist es ihrer Sicht nach nicht unmoralisch, Tiere so zu manipulieren, wie wir wollen. Diese materialistische Weltanschauung hat sich aus dem Studium der anorganischen Welt, der Welt der Nicht-Lebewesen, entwickelt. Darum kann die materialistisch orientierte Wissenschaft nur mit den Kräften arbeiten, die nicht lebendig sind, d. h. Kräfte des Todes und des Verfalls. Diese Sichtweise bestimmt praktisch all diese neuen Technologien. Wenn wir also nicht wachsam genug sind, werden diese Technologien todbringende technologische Hilfsmittel hervorbringen.

Nanotechnologie mechanisiert den Körper. Biotechnik mechanisiert das Leben. Informationstechnik mechanisiert das Bewusstsein. Und Kognitionstechnik und Künstliche Intelligenz mechanisieren unsere Denkprozesse. Es gibt nur einen Bereich, den alle diese Technologien nicht mechanisieren können. Das ist die Kreativität des menschlichen Geistes in uns. So zwingt die technologische Einseitigkeit die Menschheit dazu, zu einer weiter entwickelten Spezies zu werden, die intelligenter und vor allem weiser sein wird, als tausend miteinander vernetzte Supercomputer.

Lesen Sie das komplette Interview in der evolve Ausgabe 15 / 2017