Das innere Feuer: Eindrücke vom evolve-Salon in Dresden – Uta Hauthal

Das innere Feuer

Eindrücke vom evolve-Salon im Haus Glaser, Dresden

Uta Hauthal

Wenn ein Ort einerseits künstlerische und geistige Offenheit, andererseits Verlassensein und Schmerz in sich trägt, dann braucht es empfindende, respektierende Menschen, die ein solches Erbe aufnehmen und in die zukünftige Gestaltung einfließen lassen.

Dies geschieht seit letztem Jahr in der Villa des Kunstmäzens und Juristen Fritz Salo Glaser (1876 – 1956) und seiner Frau. In den 1920er Jahren war sie ein Treffpunkt der Dresdner Sezessionisten genauso wie vieler anderer Künstler und Schriftsteller, die heute Rang und Namen haben, es fanden Ausstellungen, Lesungen, Vorträge, Künstlergespräche statt. Der Maler Otto Griebel charakterisierte die Atmosphäre so: Das Haus zeichnete sich durch eine außerordentliche geistige Offenheit aus.

Jetzt trifft sich in seinen Mauern seit einigen Monaten eine Werden-Gruppe, die dem eigenen inneren Wesen und heilkundlich-medizinischen Fragen nachspürt; die Akademie Heilkunst führt hier ihre Veranstaltungen – Vorträge, Seminare, Tagungen – durch; ab Herbst wird sich das Haus außerdem als spartenübergreifender künstlerischer Begegnungs- und Veranstaltungsort etablieren; und am 7.3.2019 fand der Dresdner evolve-Salon zum ersten Mal hier statt.

So wie die Villa vielfältige Themen in sich trägt, zeigten sich auch die Teilnehmer des Salons als sehr unterschiedlich, es begegneten und verbanden sich an diesem Abend weit auseinanderliegende Erfahrungsräume. Jedoch wie einst die Gäste der Glasers brachten alle eine große Bereitschaft mit, eine Bereitschaft, sich zu öffnen und tiefere Schichten des eigenen Seins zu erspüren.

Als Ausgangspunkt für unseren Dialog hatte ich einen Abschnitt aus Elizabeth Debolds Artikel: Was verbindet uns? Mutter Erde, Materie und was uns wirklich ausmacht gewählt. Schnell waren dann kritische Fragen zu den kirchlichen Institutionen im Raum im Gegensatz zu der Gottsuche eines jeden Einzelnen von uns im Innen wie im Außen. Gemeinsam erinnerten wir uns an das innere Feuer, das vermutlich in uns allen brennt, ob es wahrgenommen wird oder nicht und das zum Beispiel bei den Mystikerinnen wie Mechthild von Magdeburg oder Elisabeth von Thüringen intensiven sprachlichen und musikalischen Ausdruck gefunden hat.

Es beschäftigte uns die Janusköpfigkeit des Bibelwortes Macht euch die Erde untertan, denn allzu schnell geht das Bearbeiten, das Fruchtbarmachen in Ausbeutung über, was nichts anderes heißt, als dass der Spirit, der Geist, den Elizabeth Debold in ihrem Artikel beschreibt, verlorengeht.

Kristina schenkte uns ihre Erfahrungen, die sie als Straßenbahnfahrerin in 30 Berufsjahren gesammelt hatte, welche körperlichen und seelischen Folgen die zunehmende Technisierung ihrer Arbeit bei ihr auslöste. Inzwischen ist sie zu Hause und erobert sich neue intensive Wahrnehmungen, indem sie bewusst auf Maschinen verzichtet und stattdessen den Teppich zum Beispiel wieder selber klopft und bürstet. Manchmal rang sie nach Worten, um ihre tiefen und komplexen Erfahrungen mitteilen zu können, vermutlich auch deshalb erinnerte sich und uns Andreas, der Hausherr, dass das, was wir gerade täten, doch sehr deutsch sei: In Polen wäre schon längst gesungen worden, in Frankreich hätten sich alle geküsst!

Reinold stimmte daraufhin spontan ein Mut-Lied an und so beendeten wir unseren Kreis in besonderer Weise angeregt und gewärmt.

Seit 2016 ist der evolve-Salon durch Dresden gewandert, wir haben in mehreren Stadtteilen Station gemacht, haben den Dialog in verschiedenen Räumen gepflegt, jetzt, glaube ich, hat er seine Heimat gefunden: das Haus Glaser auf der Bergstr. 23.

 

Uta Hauthal ist Schriftstellerin, Sängerin, Moderatorin, Pädagogin in Dresden. Vor Kurzem ist ihr Roman »Garbald in Dresden« und der Essayban »Poesie-Tankstelle« erschienen.

www.utahauthal.de

www.haus-glaser.de