„Good Morning Auroville“ – Eine Buchbesprechung

Ein Bildband von David Klammer

Sonja Lohr

Die “Stadt der Morgenröte“– ein weit ausgedehnter Ort, an dem mehr als 3.400 Menschen aus über 50 Ländern in einer spirituellen Gemeinschaft leben, und ein real existierendes Utopia. 

Neubeginn. Aufbruch ins Ungewisse voller Hoffnung, das Leben besser, friedlicher und menschlicher zu gestalten. Seit Urzeiten eine tiefe Sehnsucht der Menschen. Utopie – von griechisch topos: Ort – ist der Nicht-Ort, ein Gegenentwurf menschlichen Zusammenlebens. Ist es möglich, einen Ort gelebter Utopie zu erschaffen? Die Vision des Noch-nicht-Gelebten Wirklichkeit werden zu lassen, ohne sich zu verlieren im allzu menschlichen Miteinander, in der ewigen Auseinandersetzung von Richtig und Falsch, von Gut und Böse in uns?

Dieses Buch ist eine Annäherung an das Wesen der Utopie und an diesen real existierenden Ort gelebter Utopie. Ein breiter, unaufgeregter Strom von Bildern und Portraits zeigt das Leben und die Menschen, die diese Gemeinschaft ausmachen. Ich tauche ein in die Wünsche, Zweifel, Geschenke und Widersprüchlichkeiten, die Auroville ausmachen.

Als „Labor für Evolution“ und „Versuchsort für eine menschliche Einheit“ wurde Auroville vor 50 Jahren von Mira Alfassa, der charismatischen „Mutter“, im Sinne ihres verstorbenen Weggefährten Sri Aurobindo gegründet.

Es ist ein weitläufiger Ort, der aus vielen kleinen Gemeinschaften besteht, in denen gelebt, gelernt und gelehrt wird. Für die vielen Tausend Besuchenden aus aller Welt gibt es hier unzählige Angebote der Selbsterfahrung und Bewusstseinserweiterung. Und so kommen Reisende, Neugierige und Suchende, in der Hoffnung, Heilung und spirituelle Heimat zu finden.

Viele der Fragen, was diese Gemeinschaft ausmacht, welche Strukturen sie hat, wie sich aus all diesen kleinen Inseln ein Ganzes gestaltet, bleiben offen.

Offen wie dieser Ort, der viele Eingänge und keine Zäune hat und ungeschützt inmitten aller menschlichen Wirklichkeit besteht.

Und eben auch gerade aus dieser menschlichen Vielfalt entsteht: Die Bilder von David Klammer fangen Menschen und Momente ein und zeigen einfache, pure Strohhütten, Hängematten im Südseecharme, pompöse, futuristische Architektur, gemeinsame Lichtrituale und ganz eigene, persönliche Augenblicke. Die einzelnen Portraits der Bewohnerinnen und Bewohner von Auroville erlauben nahe Blicke in die Gesichter und Geschichten.

So ergibt sich ein zutiefst ehrliches Kaleidoskop, das in Bildern und Worten die Herausforderungen und den Wert einer gelebten Gemeinschaft aufzeigt.

Wie viel Kraft und Liebe braucht es, ein menschliches Utopia zu gestalten?

 „Du musst sehr hart arbeiten, um diesen Platz wirklich werden zu lassen“, sagt Inge, eine Bewohnerin.

Und Kalsang meint: „Es geht nicht um den Ort, es geht um Dich.“

Auf die Frage, was Auroville ist, ist vielleicht genau das die Antwort.

Sonja Lohr ist Diplom-Sozialpädagogin, leitet Projekte zur „GefühlsBildung“ an Schulen und eröffnet „SpürRäume im Zauber des Wir“ in Seminaren.

www.alchimiederliebe.com